Ein Tänzchen wagen

 

 

Auf matschigen Wegen spazieren wir rund um den Kratersee auf der Insel Saaremaa. Vor rund 3.000-4.000 Jahren ist hier ein Eisenmeteorit eingeschlagen. Stürmisch und kühl ist es heute. Fröstelnd ziehe ich die Schultern hoch und binde meinen Schal fester um den Hals.  Aus einer urigen Gaststätte in der Nähe weht verführerischer Duft zu uns herüber. Wir schauen uns an und müssen lachen, haben wir doch wieder mal das Gleiche gedacht. Zwanzig Minuten später sitzen wir vor köstlichem Schweinsbraten mit Sauerkraut.

 

Gerade als wir wieder gehen wollen, formieren sich vier Paare in Trachten zum Folkloretanz. Die Aufführung ist organisiert für eine schwedische Reisegruppe an den drei Nebentischen. Neugierig geworden, beschließen wir, noch ein wenig zu bleiben. Der Rhythmus der Musik ist mitreißend. Röcke wehen, Füße stampfen den Takt. Nach drei Stücken fordern die Tänzer einige Leute aus dem Publikum zum Mitmachen auf. Zielstrebig kommt ein hübsches, blondes Mädchen auf Peter zu. Als er lächelnd ablehnt, schüttelt sie mit einem Lachen den Kopf und zeigt mit dem Finger in Richtung Tanzfläche. Gegen diese  charmante Hartnäckigkeit kommt Peter nicht an. "Na, dann schwing ich mal das Tanzbein", meint er mit einem Schulterzucken. Erstaunlich schnell erkennt er die Schrittfolge und schreitet in würdevoller Haltung  durch die Gasse aus Paaren, um sich dann mit einer leichten, eleganten Drehung anzuschließen. Über die Köpfe hinweg nickt mir ein Mann am Nebentisch anerkennend zu. Peters tänzerische Leichtigkeit scheint ihn sehr zu beeindrucken.

 

Ich hätte nicht so herzhaft und schadenfroh lachen sollen, denn beim nächsten Tanz bin ich an der Reihe. Ritterlich verbeugt sich ein großer, blonder, blauäugiger Mann vor mir. Peter prustet los. Die Schrittfolge ist nicht ganz einfach, aber der Jüngling dirigiert mich fest und bestimmt in die richtige Richtung. Händeklatschen, unterhaken, drehen und zum Nächsten. Ein paar langsame Schritte und dann wieder Händeklatschen, unterhaken, drehen und zum Nächsten. Kaum bin ich richtig in Fahrt, ist der Tanz auch schon zu Ende. Galant bringt mich der Tänzer zurück an den Tisch, wo sich Peter, immer noch lachend, gerade mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen wischt.

 

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