Im Nationalpark Peneda-Gerês

 

 

„Stopp!“ rufe ich. „Da ist ein kleiner Lebensmittelladen.“ Wir wollen ein paar Tage im Nationalpark Peneda-Gêres verbringen, da ist es besser, sich vorher mit den nötigsten Lebensmitteln einzudecken. In einem klitzekleinen Geschäft kaufe ich also Brot, Tomaten, Käse, Milch und Kartoffel – daraus kann man immer etwas zaubern. Die junge Frau hinter dem Tresen wirkt unausgeschlafen und schlecht gelaunt. Muffelig packt sie die Waren in eine Tüte und unterhält sich dabei – ebenso unfreundlich - mit einer Person im Nebenraum. Mein „Adeus!“ beim Hinausgehen bleibt unerwidert.

 

Ab Melgaco windet sich die landschaftlich schöne Straße hinauf auf etwa 1000 m, in eine raue, karge Gebirgslandschaft aus Granit. Bis zu 300 Millionen Jahre alt sollen die gewaltigen Felsbrocken sein. Auf einer Hochebene, umgeben von einem Wäldchen, liegt der große, leere Parkplatz des Informationszentrums von Lamas de Mouro. „Ich frag mal, ob wir hier über Nacht stehen bleiben dürfen“, rufe ich Peter zu und bin schon in dem modernen Gebäude verschwunden. Fünf Minuten später komme ich mit Informationsmaterial und einer Wanderkarte zurück. „Kein Problem, wir können hier übernachten.“

 

Schnell packen wir unsere Rucksäcke und starten zu einer moderaten, abwechslungsreichen Wanderung. Durch Kiefernwäldchen und über Steinfelder. Über beeindruckende alte Brücken und vorbei an ehemaligen Wassermühlen. Bizarre Felsformen. Rundgeschliffen, aufgetürmt. Als hätte ein Riese seine Spielsachen liegen lassen. Schafe, Ziegen und die kräftigen, braunen Barroso-Rinder mit ihren langen Hörnern begegnen uns. Kaum Menschen.

 

Ein junger Reiter treibt eine Herde Schafe vor sich her. In seinen Ohren stecken die Stöpsel eines MP3-Players. Uns wundert, ihn überhaupt hier zu treffen, wandern doch die meisten jungen Leute in die Städte ab. Nur noch etwa 9000 Menschen leben im Nationalpark, viele betreiben Landwirtschaft oder Viehzucht. Dass das schon immer so war, bezeugen die unzähligen Espigueiros, die trutzigen Maisspeicher aus Granit. Grau verwittert, mit Flechten überzogen, verschmelzen sie, wie auch die Häuser und Ställe in den Dörfern, nahezu mit dem Gebirge. Wir überqueren ein plätscherndes Bächlein, Kara tobt darin herum. Forellen schwimmen pfeilschnell davon. „Hier soll es noch Wildpferde geben. Und Wölfe, zum Leidwesen der Schäfer“, zitiere ich aus dem Infoflyer. Auf einem Stein haben wir uns niedergelassen und kühlen unsere Füße im gar nicht so kalten Wasser. 

 

 

Früh fahren wir am nächsten Morgen weiter, um in einem anderen Teil des Nationalparks eine zweite Wanderung zu machen. Die Landschaft wird zunehmend grüner. Terrassierte, mit Steinmauern umgebene Grundstücke sehen aus wie Reisfelder in China. Wolkenfetzen hängen in den dichten Wäldern aus Kastanien und Pyrenäeneichen. Feucht und kühl ist es heute. Immer enger und schlechter wird die Strecke. Je später es wird, umso mehr Fahrzeuge begegnen uns. „Was ist denn heute los?“ schimpfe ich. „Bestimmt Wochenendausflügler! Heute ist ja Sonntag!“ mutmaßt Peter. Später begegnen uns noch Radrennsportler und diverse Oldtimer. Alles scheint auf den Beinen zu sein und zum Nationalpark zu streben. Hier in diesem Teil sind die Parkmöglichkeiten begrenzt und hoffnungslos überfüllt. Auf einem Picknick-Platz haben sich Familien niedergelassen, so etwa zwanzig dürften es sein. Autos parken kreuz und quer. Es ist kaum durchzukommen.

 

Der Leser ahnt es schon: Aus unserer geplanten Wanderung wird leider nichts.