...und hier das letzte Kapitel meiner Erzählungen


Seht mir bitte nach, dass ich mich in den letzten Jahren etwas rar gemacht habe mit meinen Geschichten. Aber seit dieser kleinen Auszeit (Ihr erinnert Euch an meine letzte Geschichte?), fehlte mir einfach die Zeit, mich mit großartigen Erzählungen zu beschäftigen. Ich hatte vollauf damit zu tun, die Welt, in der Herrchen und Frauchen mit mir herumreisten, zu erkunden und zu erschnüffeln. Manchmal war das wirklich ganz schön anstrengend. Kaum hatte ich mich an einem Ort ein bisschen eingewöhnt bzw. eingeschnüffelt, ging es auch schon wieder weiter.

 

Das war alles sehr aufregend, und die Jahre flossen dahin wie im Flug, denn bekanntlich vergehen die Hundejahre ja sieben mal schneller als bei den Menschen. Die vielen Länder hatten für einen interessierten Hund wie mich viel zu bieten, trotzem dachte ich immer mal wieder wehmütig an meine Bucht in Griechenland und meine Freunden Hyra, Schnauzi und Colly zurück. Wie es denen jetzt wohl geht? Ob sie immer genug zu fressen und zu trinken haben und ständig Streicheleinheiten bekommen wie ich? Wahrscheinlich nicht. Auch als ich noch zu diesem Rudel gehörte, war der Hunger allgegenwärtig. Sobald man mal was zu fressen gefunden hatte, gab es deswegen Streit untereinander. Meistens war ich benachteiligt, denn ich war die Jüngste von allen. Außerdem wurden wir von einigen Menschen immer wieder vom Strand verjagt und, ja, manchmal sogar mit Steinen beworfen. Bis zu dem Tag, als diese beiden Menschen mit dem weißblauen Auto in die Bucht kamen. Ab da ging es mir gut und...  aber jetzt verlier ich mich schon wieder in Geschichten von damals. Nur noch soviel, an ein Abhauen habe ich jetzt eigentlich gar nicht mehr gedacht.

 

Also, wo war ich stehengeblieben? Ach so ja, beim Reisen. Natürlich kann ich nicht über alle meine Reiseabenteuer berichten, denn das würde hier den Rahmen sprengen. Aber einige Begebenheiten möchte ich doch los werden. Da war z.B. das Ereignis in Kroatien. Pit und Pat hatten einen schönen, ruhig gelegenen Parkplatz in einem Naturschutzgebiet an einer Schlucht mit Wandermöglichkeiten als Übernachtungsplatz gefunden. Nachdem Pit mit mir abends noch eine Gassirunde absolviert hatte, gab es ein leckeres Fresschen für uns drei (ja, die Beiden haben ihr Futter oft mit mir geteilt). Mann, war das immer lecker, mir tropft jetzt schon wieder das Maul. Nudeln mit Olivenöl oder Kartoffeln mit etwas... ääh, ich schweife schon wieder ab, sorry. Wir hatten alle drei prächtig geschlafen, bis..., in aller Herrgottsfrühe, jemand heftig an die Türe schlug. Ich bellte natürlich sofort heftig, um Herrchen zu warnen. Aber der war durch den Lärm auch schon wach geworden und aufgestanden. Er machte die Tür auf, um nachzuschauen, was da los war. Sofort wurde er angebrüllt von einem Mann in so einem seltsam gefleckten graubraungrünen Anzug. Ich verstand natürlich nicht, was er gebrüllt hatte, aber Herrchen schlug nach einer kurzen und heftigen Diskussion die Tür zu.

 

Ich war doch ziemlich irritiert über den seltsamen Auftritt dieses Fremden und knurrte eine zeitlang ärgerlich vor mich hin. Frauchen ging dann mit mir Gassi und ich beruhigte mich wieder etwas, denn auch in dieser Umgebung gab es total interessante, neueartige Gerüche zu entdecken. Als wir zurück kamen, stand Herrchen an einem Holzhäuschen mit einem Fensterchen an der Vorderseite und sprach mit diesem unfreundlichen Fremden. Dabei hatte er die rechte Hand auf das Fensterbrett gelegt und den Kopf soweit gebeugt, dass er diesem Fiesling ins Gesicht schauen konnte. Plötzlich griff dieser durch das Fenster nach dem Arm meines Herrchens und krallte sich daran fest. Das war jetzt definitiv zuviel, und ich sah mich genötigt, einzugreifen. Wütend riss ich mich von Frauchen los, machte einen großen Satz (ja, das konnte ich damals noch) an das Fenster, stützte mich mit den Vorderbeinen an der Fensterbank ab, fletschte die Zähne, knurrte und bellte, wie ich es noch nie zuvor getan hatte. Dieser widerliche Typ ließ ganz erschrocken den Arm meines Herrchens los und wäre beinahe mit seinem Stuhl nach hinten gekippt. Mann, war ich böse! Herrchen musste mich regelrecht von diesem Fenster wegzerren. Am liebsten hätte ich diesem Ar....., (sorry, sagt man nicht) in denselben gebissen. Zurück im Auto  schaute mich Herrchen ungläubig an und meinte, sowas hätte er bei mir noch nie erlebt. Dabei streichelte er mich immer wieder liebevoll und stolz. Mann, hat das gut getan! Naja, ansonsten bin ich ja auch der liebste und freundlichste Hund aller Zeiten. Meine ICH jedenfalls. 

 

Später war dann nochmal ein Vorfall, an den ich mich gut erinnere. Ich glaube, das war irgendwo in Portugal in einer Hafenstadt. Ich erinnere mich deshalb so gut daran, weil es da so herrlich nach Fisch roch, dass mir ständig das Maul tropfte. Während Herrchen und Frauchen (ohne mich!) wohl ihr Mittagsfresschen irgendwo in so einem Haus am Hafen genossen, musste ich mit knurrendem Magen auf das Auto aufpassen. Das mache ich ja sonst gerne, aber dieser köstliche Fischgeruch, der von draußen durch das leicht geöffnete Fenster kam, machte mich einfach kirre. Nach ihrem Mahl (ich hatte insgeheim gehofft, sie würden mir was Leckeres mitbringen, leider vergeblich) hielten die Beiden ein Mittagsschläfchen. Ziemlich frustiert versuchte auch ich eine Runde zu schlafen. Das Fahrerhaus zwischen den beiden Sitzen war mein Schlafplatz. Da hielt ich mich auch oft während der Fahrt auf und konnte dabei sitzend die vorbeihuschende Landschaft beobachten und nach Smarts Ausschau halten. Aber das hielt ich nie lange durch und ich legte mich schnell wieder zum schlafen oder dösen hin. Wo war ich stehengeblieben? Ach so ja, die Beiden schliefen und verdauten die wahrscheinlich köstlichste Fischmahlzeit, die sie sich -ohne mich- je gegönnt hatten.

 

Plötzlich polterte es am Auto, diesmal da wo ich lag, nämlich an der Frontscheibe des Fahrerhauses. Wie der Blitz war ich auf den Beinen und sah einen bärtigen Mann, der immer wieder mit der flachen Hand gegen die Windschutzscheibe schlug. Das konnte ich nicht akzeptieren und bellte und knurrte so laut ich konnte. Herrchen und Frauchen wurden von dem Lärm natürlich aus ihrem Verdauungsschlaf gerissen. Herrchen sprang hoch und rannte raus, um dem Übeltäter das Handwerk zu legen. Eigentlich wollte ich hinterher, aber er hatte die Tür hinter sich zugemacht. Plötzlich riss er sie wieder auf und rief: "Kara, komm, fass"! Das war für mich wie ein Startschuß bei einem Wettrennen. Mit einem riesigen Satz hechtete ich hinaus und wollte mir den Kerl, der so schändlich unsere Mittagsruhe gestört hatte, zur Brust nehmen. Aber dieser Fiesling war nicht mehr vor dem Auto. Er hatte wohl gemerkt, dass es jetzt sehr eng für ihn werden könnte und war losgerannt. Ich hinter ihm her. Es wäre ein Leichtes für mich gewesen, ihn einzuholen und ihm in den Allerwertesten zu beißen. Da riss mich Herrchens Pfiff aus meiner Vorfreude heraus. Abrupt blieb ich stehen und schaute verständnislos abwechselnd mein Herrchen an und diesem flüchtenden Tunichtgut hinterher. Missmutig trottete ich zum Auto zurück. "Der gönnt mir einfach keinen Spaß", knurrte ich vor mich hin. Der Ärger war aber ganz schnell verflogen, denn dann gab's doch noch den ersehnten Fisch als Belohnung in meinem Fressnapf. 

 

Jaaa, und dann begann die Zeit einer wunderbaren Freundschaft. Meine beiden Menschen hatten ihre Behausung (dieses große, weißblaue Auto) gegen eine Bleibe ohne Räder und mit Lift gewechselt. Warum, weiss ich nicht, aber ist ja auch egal. Hauptsache mein Futternapf ist zu den obligatorischen Zeiten gefüllt, die regelmäßigen Spaziergänge finden statt und ich bekomme meine Streicheleinheiten. Streicheleinheiten, das ist das Stichwort. Ab und zu gesellte sich nämlich bei unseren Gassigängen eine Frau aus der Nachbarschaft mit ihrer Tochter, Selina, dazu. Dann machten wir außergewöhnlich lange Spaziergänge. Das fand ich natürlich super.

 

Selina hatte am Anfang wohl etwas Angst vor mir, was ich überhaupt nicht verstehen konnte. Ich bin doch der liebste und...  Sorry, das hatte ich ja schon mal erwähnt. Frauchen fragte Selina, ob sie die Leine mal halten mochte. Aber das wollte sie nicht. Irgendwann streichelte sie mich, zwar noch etwas zaghaft, aber es gefiel mir sehr gut. Ich zeigte ihr dann auch meine Zuneigung, indem ich ihre Hand leckte. Selina lachte laut auf. Ach, was hat sie ein bezauberndes Lachen! Schon beim nächsten Spaziergang traute sie sich zu, meine Leine zu halten. Ich glaube, da war der Bann gebrochen, und sie hatte mich richtig ins Herz geschlossen. Ich sie natürlich auch. Ab da war ich immer sehr enttäuscht, wenn Frauchen oder Herrchen mit mir an der Haustür der Beiden vorbei gingen, ohne dass Selina und ihre Mutter heraus kamen. Ich blieb dann vor der Tür stehen und stellte mich richtig stur, wenn meine beiden Menschen weitergehen wollten.

 

Naja, irgendwann meldete sich dann doch die Natur bei mir, und ich ging mit, um meine Geschäfte zu erledigen. Nicht zuletzt musste ich ja auch immer an den bestimmten Stellen erschnüffeln, welche Artgenossen seit gestern hier vorbeigekommen waren und ihre Unterschrift, sprich Duftmarken, hinterlassen hatten. Einige dieser Zeitgenossen kenne ich schon und begrüße sie immer freundlich, wenn wir uns begegnen. Unbekannte beäuge ich aber argwöhnig und knurre sie an, um ihnen klar zu machen, dass mit mir nicht zu spaßen ist, auch wenn ich so liebenswert aussehe. Manchmal entwickelt sich dann trotzdem eine Freundschaft. Ein paar Hunde gibt es aber, die kann ich einfach nicht ausstehen. Da sträuben sich mir schon die Nackenhaare, wenn ich sie von weitem sehe. Herrchen und Frauchen verstehen das gar nicht, denn eigentlich bin ich ja der liebste und freundl... jaja, das hatten wir schon.

 

Seit meinem 12. Lebensjahr, pardon, natürlich 74. Hundejahr, bekam ich zunehmend Probleme mit meinem linken Hinterbein. Meine beiden Menschen gingen dann mit mir zu der Tierärztin. Schrecklich, ich werd immer ganz panisch, wenn ich nur in die Nähe dieser Dame komme. Vor vielen Hundejahren stach sie nämlich eine Nadel in mein rechtes Hinterbein, was höllisch weh tat. Pit und Pat meinten damals, das sei eine Impfung gewesen gegen alle möglichen Krankheiten. So ein Quatsch, als ob ich das bräuchte. Ich war und bin immer noch kerngesund! Dann wagte diese "Dame" es auch noch, mir nach dieser schmerzhaften Tortour ein Leckerchen anzubieten. Das lehnte ich natürlich ganz empört ab. Obwohl, genommen hätte ich es schon gerne, denn es roch so lecker. Aber ich habe ja schließlich auch meinen Stolz. Pit hatte sich heimlich dieses köstliche Leckerli von der Tierärztin geben lassen und es mir gereicht. Er glaubte wahrscheinlich, ich hätte das nicht bemerkt. Aber da unterschätzt er wohl meine Intelligenz. Etwas beleidigt, aber gnädig nahm ich den Bissen von ihm an. Was war ich froh, als wir wieder auf der Straße waren!

 

Jetzt aber zurück zu dem, was ich eigentlich erzählen wollte. Bei diesem neuerlichen Besuch bei dieser "Tierquälerin" (naja, diesmal hat Sie mir immerhin nicht wehgetan), musste ich mich auf einen kalten Metalltisch legen. Eine andere Dame hielt dann so eine komische Maschine über mein linkes Hinterbein. Dann gingen sie kurz raus. Ich wollte schon wieder aufspringen, da kamen die Beiden zurück und meinten: "So, alles vorbei!" und hoben mich von dem Tisch herunter. Mann, war ich froh!

 

Nach einer kleinen Ewigkeit - es waren mindestens zwei Minuten - kam die "Cheftierquälerin" mit ziemliche Sorgenfalten auf der Stirn aus einem Nebenraum. "Ihre Kara hat eine beginnende Arthrose im linken Hinterbein". Ich verstand natürlich nicht, was sie damit meinte, aber ich bemerkte doch die erschrockenen Gesichter von Pit und Pat. Ganz sorgenvoll schauten sie mich an. Naja, so sind sie halt, die Beiden. Machen aus einer Mücke immer gleich einen Elefanten. Aber was ein Arthrose ist, das habe ich dann doch im Laufe der Zeit  gespürt. Mein linkes Hinterbein wurde immer steifer und die Schmerzen manchmal unerträglich. Ganz besonders bei den Spaziergängen. Meine beiden Dosenöffner gaben mir dann irgendwann ein Mittel aus einem kleinen Fläschen in mein Essen. Danach waren zwar die Schmerzen nicht mehr so doll, aber das Bein wurde trotzdem immer steifer. Bei meinen Geschäften hatte ich immer größere Probleme. Naja, irgendwie gewöhnt man sich an alles, bzw. findet sich damit ab. Die Schnüffel- bzw. Spaziergänge wurden folglich immer kürzer und ich war jedesmal heilfroh, anschließend in meinem gemütlichen Bettchen zu liegen. Das ging eine ganze Weile so weiter, bis... nun ja, ihr solltet wissen, dass ich diese letzten Zeilen aus dem Hundehimmel schreibe. Mein Herrchen ging mit mir wieder zu der Tierärztin. Allerdings tat sie mir diesmal nicht weh, sondern gab mir eine Spritze. Ich bemerkte den Einstich kaum. Danach wurde ich sehr müde, aber ich spürte doch, dass Pit mich liebevoll streichelte. Irgendwie fielen dann noch irgendwelche, etwas salzig schmeckende Tropfen auf meine Nase. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich muss zugeben, das war alles sehr angenehm und ich hatte plötzlich auch gar keine Schmerzen mehr.

 

Also, kein Grund zur Traurigkeit. Behaltet mich einfach so in Erinnerung, wie auf dem Foto.

 

Eure Kara

 

 

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